Linz am Montagmorgen um halb sieben. Die typischen Geräusche der Grosstadt: Die Kehrmaschinen sind unterwegs und die noch fast leere Strassenbahn. Wenn die Bahn, von der anderen Seite über die Donaubrücke fahrend, auf den Hauptplatz stösst, gibt es ein Geräusch wie Donnergrollen. Kein Filmstudio könnte es besser nachahmen. Die Cafés mit ihren Kaffeespezialitäten und Obern in weissem Hemd mit schwarzer Hose und Weste sind noch geschlossen. Gestern bereits öfter ungarisch und rumänisch sprechende Besucher gehört. Wir nähern uns dem Osten …
Wir sind in Pressburg, Bratislava, angekommen. Kaum zu glauben, wir sind in Bratislava!
Nach einer kurzen Mittagspause in Baden, im Café Central, hinter der Pestsäule, mit Blick auf das Rathaus – beflaggt mit zwei Badenden im Zuber –, Debrecziner Würstchen mit Senf, frisch gerupftem Kren und Gebäck, also Brötchen, hat das Aufgeregtsein begonnen. Die Reise in den sogenannten «Osten» ist nun fassbar, erlebbar. In meinem Kopf scheint eine Reise nach Bratislava viel weiter weg als eine Reise nach Lissabon. Wie merkwürdig.



Hinter Baden durchqueren wir grüne Hügel, Felder mit vertrockneten Sonnenblumen und Felder mit unzähligen Windrädern. Dann plötzlich: die SNP-Brücke, welche direkt in die Stadt führt. Man kehrt dem Wohnblockviertel den Rücken zu und steuert die Altstadt an.
Hm, viel Verfall beim Eintreten durch das Stadttor. Es wird jedoch schnell schöner: Altes Rathaus, Hauptplatz, Burg über der Stadt. Die Hauptkirche der Stadt ist der Martinsdom. Laut Reiseführer war er von 1563 bis 1830 ungarische Krönungskirche. Da komme ich etwas durcheinander: Slowakei, Krönungskirche von Ungarn, äh … in Geschichte nicht aufgepasst. C. muss mich aufklären.
Fazit: die Altstadt der Hauptstadt ist nicht allzu gross. So manches müsste noch renoviert werden, zumindest nach unserer westlichen Ansicht. Oder mögen die Einheimischen ihre Altstadt nicht so sehr? «Diese Nation muss ihre Hauptstadt noch entdecken», sagt C. Als Station auf der Weiterreise allemal wert, besucht zu werden.
Wir sind in Bratislava? Wirklich?



5. September 2022, Linz – Baden – Pressburg