Noch kein Rentner

Tag 13. Água sem gás und Vinho verde, zurück in Vale da Telha. Davor Wandersachen gewaschen. Davor geduscht. Davor war ich in Arrifana. An sich ein vollkommen banaler Ort. Die kleinen, hübschen, alten, wenigen Häuschen kleben am Hang, oberhalb des schönen Strandes. Auf der Steilküste wird gebaut oder ist schon gebaut worden, gross, leicht protzig, mehrstöckig. Unpassend. Aber mit Blick auf das blaue Meer. Arrifana als Urlaubsort? Niemals. Auch wenn das Café «Sea You Surf» sehr sympathisch war, das Chicken toast, Galão und Walnusskuchen äusserst lecker.

Portugal, oder sagen wir der Küstenstreifen hier, könnte mich nie auf den Gedanken bringen, hier wohnen zu wollen. Garten und Ziegen – unvorstellbar. In Griechenland wird auch meine Seele gestillt, die Sehnsucht nach archaischer Landschaft. Hier gibt es Sonne, Wind, Meer, Weite, Düfte. Sie dringen jedoch nicht in die Tiefe, in meine Tiefe. Ich vermisse kleine, weisse Kapellen auf den Hügeln und in den Dörfern. Die Kirchen hier, ob klein oder gross, wirken wie tot. Sie laden nicht ein, ein wenig Weihrauch zu schnuppern, zu schauen, ob eine ernstblickende Ikone an der Wand hängt.

Es mag sein, dass die Siedlung Vale da Telha grundsätzlich aus sehr hübschen Häusern besteht, Ferien- und Zweitwohnsitzhäuschen. Es gibt sogar einen Tennisplatz (nur für Mitglieder). Es gibt jedoch kein Dorfleben. Man ist hier, um an die Strände zu fahren, seine Hunde spazieren zu führen, zu essen, sich zu bräunen, zu joggen (falls man sportlich ist), zu relaxen (manchmal bei lauter Rockmusik). Ich bin froh, bald weg zu sein von hier. Bin kein Rentner, kein Surfer mit Tattoos und langen, ungepflegten Haaren. Und kein Reicher am Pool.

Vale da Telha, Aljezur, Portugal, 2. bis 8. Juni 2024