Tag 12. Gestern Abend lag ich voller Zweifel im Bett: Fünf Wochen Costa Vicentina?! Wo bleibt die Abwechslung? Wieviel Abwechslung ist nötig? Oder meint man nur, dass man sie bräuchte? Es folgte eine Nacht mit wenig Schlaf.
Heute morgen waren die Zweifel weg. Früh los, lange unterwegs gewesen, absolut lohnende Tour.
Ich beginne mit dem ersten Frühstück hier in diesem Haus: um sieben Uhr ein Espresso aus der Maschine hervorbrummen lassen, womöglich hörbar bis in die angrenzenden Zimmer. War mir relativ egal; abends zuvor musste ich mir das Geplapper der anderen, welches in mein Zimmer drang, bis spät anhören. Also gut, Frühstück. Bereit gestellt wird es am Abend davor. Man findet seine Boxen, beschriftet mit dem Zimmernamen, teils gekühlt, teils mit Raumtemperatur, und geniesst den Inhalt, falls man ein sehr bescheidener Mensch ist. Ich fand den Inhalt äusserst schlicht. Schlicht wäre nicht schlimm, besässe die Schlichtheit Qualität. Bemühte mich, dankbar zu sein, und habe mir ein mit Scheibenkäse belegtes Brot gemacht, dazu das hartgekochte Ei und eine leicht gefrorene Tomate in den Rucksack gesteckt für mittags.
Verspeist habe ich die Sachen dann doch bereits nach einer Stunde Wandern – ein Espresso hält nicht lange vor. Zum Mittag gab es grünen Wein und ein riesiges Thunfisch-Toast in einem äusserst hübsch gelegenen Strandrestaurant. Praia da Amoreira heisst der Strand. Gelegen habe ich dann auch, am Strand, genauso faul wie das Restaurant. Allerdings habe ich auch ein Bad genommen, ein kaltes atlantisches Bad. Sehr erfrischend.
Auf dem Rückweg einen Fluss durchwatet, Ebbe, im Bikini, mit Rucksack und den Wanderschuhen um den Hals – Riesenspass. Zurück am Wohnort den Supermercado aufgesucht, Wasser gekauft für die nächsten Abenteuer und einen Galão getrunken. Auf der Terrasse des Supermarktes, Esplanada genannt. Was stelle ich fest? Der Laden wird von Rumänen geführt. Der Mann an sich höflich, Frau und Tochter ausgesprochene Kratzbürsten, miesepetrig. Ob sie lieber woanders wären? Der Kaffee schmeckt trotzdem gut, er nimmt nicht den sauren Geschmack an, welcher von den Damen verbreitet wird. Er bleibt Kaffee. Auf der Esplanada bin ich in Gesellschaft von biertrinkenden Arbeitern, Surfern mit Rastazöpfen und einer hübschen, Zigarette rauchenden Frau.
Im B&B kann ich erneut ein paar Sachen waschen und mit Klammern an der Leine befestigen. Das versöhnt mich mit dem bescheidenen Frühstück.

Vale da Telha, Aljezur, Portugal, 2. bis 8. Juni 2024