Kneipengenossen im Convívio

Tag 9. Ob es draussen neblig aussieht oder die Sonne blendet: die meisten portugiesischen Männer trinken zu ihrem ersten Kaffee einen Schnaps. An der Theke. Und manchmal noch einen.

Der dürre, ältere Koch aus dem Restaurant Pisco kommt nachmittags im Convívio vorbei, ein- bis zweimal, um ein Glas Wein zu trinken. Vermutlich verkraftet er es nur so, vegetarische Pizza zuzubereiten statt Muscheln, Oktopus oder Steak. Er nickt mir mittlerweile freundlich zu, wir sind Kneipengenossen, im Convívio.

Ob ich heute unterwegs war? Ja, 10 km zum Strand Telheiro, 10 km zurück. Unterwegs haben mich die unzähligen Rauchschwalben begeistert, ein paar Rebhühner habe ich auch aufgescheucht. Und die Feldlerchen bewundert, ihren Gesang. Vor dem Gezank der Möwen habe ich mich ein wenig gefürchtet, obwohl er nicht mir galt. Düfte in der Luft, steter Wind. Ist man alleine unterwegs, verstärkt der Wind das Gefühl des Alleinseins. Hört man genau hin, klingt der Wind unterschiedlich, je nachdem ob er in eine Schirmpinie fährt, in einen trockenen Busch, das Meer aufwühlt, in Stromleitungen heult oder durch Felder voller Gräser fährt.

Die Hauptköchin im Restaurant trägt heute eine grosse, weisse Schürze, damit ist sie von gewaltiger Statur.

Vila do Bispo, Portugal, 27. Mai bis 2. Juni 2024