Einmal im Jahr, im Winter, ins Fextal, das muss sein.
Es war heute bereits 12.30 Uhr beim Losgehen Richtung Val Fex von Sils Maria aus. Ungewohnt spät. Eine Uhrzeit, welche üblicherweise etliche Spaziergänger und Langlaufspezialisten auf die Wege lockt. Nicht heute. Heute gehörte das Tal wenigen und mir.
Gleissendes, glitzerndes Licht über dem Schnee. Später lange Schatten. Noch später verwandelt die tiefstehende Sonne das reine Weiss des Schnees in zarte Blautöne. Jeder Schritt knirscht nicht, sondern quietscht. Ein langsamer Rhythmus: der Weg steigt. Schnell: der Weg senkt sich. Meistens ein regelmässiger Abstand zwischen den Quietschtönen, unterbrochen von Stille, wenn man stehen bleibt und die Landschaft bestaunt. Oder die Handschuhe auszieht, um zu fotografieren. Jedes Foto bedeutet halberfrorene Finger, bei minus zehn Grad.
Man atmet kalte, frische Winterluft ein. Man stösst warme, dampfbildende Luft aus. Auch die Kühe, schwarze, in weissem Schnee, atmen dampfend aus und schauen neugierig.
Bereits kurz nach zwei liegt ein Grossteil des Tales im Schatten. Die umgebenden Bergspitzen leuchten hell vor dunkelblauem Himmel. Man beschleunigt den Schritt, Schatten erhöht die gefühlte Kälte.
Zurück in Sils Maria, ist Warten auf den Bus angesagt. Die Haltestelle Posta liegt noch in den letzten Sonnenstrahlen, sie lassen 20 Minuten Draussenstehen im Engadiner Winter erträglich erscheinen. Die Bahn in St. Moritz befindet sich bereits auf dem Gleis und lockt mit Wärme.
Wie wohltuend, diese Wanderung, ein angenehmer Einstieg in das Gefühl: es ist Winter. Sich an die Kälte gewöhnen, an ihren Biss auf die Wangen, an den Schmerz den sie verursachen kann an nackten Händen. Geblendete Augen vom Glitzer, ohne Sonnenbrille.