Trolle in Tjørnuvík

Dorf und Bucht Tjørnuvík

Auch am Morgen nach meiner Ankunft war Tórshavn in eine dichte Nebeldecke eingehüllt. An diesem Tag war eine Fahrt in den Norden der Hauptinsel Streymoy geplant. Ungewiss über die dortige Wetterlage, fuhr ich erst einmal los. Erfreulicherweise lichtete sich der Nebel zusehends, je länger ich auf der Küstenstrasse unterwegs war. Der Weg führte durch einige beschauliche Dörfchen und auch durch einen finsteren, aber schnurgeraden Tunnel.

Nach ungefähr einer Stunde und bei mittlerweile schönem Wetter hatte ich den Zielort Tjørnuvík erreicht. Bereits vom Parkplatz aus hat man einen beeindruckenden Blick über die Bucht zu der wohl bekanntesten Felsformation der Färöer: Risin og Kellingin – Riese und Trollweib. Zur Entstehung dieser rund 70 Meter hohen Felstürme vor der steil aufragenden Küste gibt es eine nette Sage.

Eigentlich wollte ich nun nordwärts bis zum Kap spazieren, um dort einen Blick auf den wohl ebenfalls sehr markanten Felsen Tjørnuvíkstakkur zu werfen. Leider konnte ich den Weg partout nicht finden, und auch um Rat gefragte Einheimische konnten nicht weiterhelfen. So entschied ich mich alternativ für eine Wanderung Richtung Saksun, die eine schöne Aussicht über die Bucht und die benachbarte Insel versprach. Auch hier war es schwierig, den Weganfang auszumachen, aber nachdem ich erst einmal vorsichtig die saftig grüne Weide überquert hatte, erblickte ich den ersten Steinmann. Zivilisiertere Wanderwegweiser gibt es auf den Färöern offenbar noch nicht. So folgte ich den in mehr oder weniger regelmässigen Abständen aufgetürmten Steinhaufen.

Der Anstieg ist zunächst sehr steil, doch wird man bald mit einer malerischen Postkartenaussicht auf Dorf und Bucht Tjørnuvík, das Felsenpaar Risin og Kellingin und die umliegenden Inselberge belohnt. Irgendwann entschwindet das Örtchen dem Blick, dafür bieten sich im Nordosten immer neue Eindrücke von der zerklüfteten Insel Eysturoy. Und die beiden Steintrolle im Meer bleiben eigentlich ständig sichtbar. Der Wanderweg verläuft alsdann über von dutzenden kleinen Wasserläufen durchzogenes Weideland. Ein paar Schafe äugten misstrauisch hinüber, ausserdem sorgten schrill piepende Austernfischer und eine weitere, nichtidentifizierte Vogelart, die offenbar Spass am Tiefflug hat, für Abwechslung. Schliesslich war der Scheitelpunkt der Wanderung, der Tjørnuvíksskarð, erreicht. Der Zielort Saksun ist von hier aus zwar noch nicht zu sehen, dennoch breitete sich nun auch in südwestlicher Richtung ein schönes Panorama aus Wiesen und Bächen, Bergen und Meer aus. Die zweite Weghälfte ersparte ich mir aus Zeitgründen, und so kehrte ich auf der gleichen Route zurück.

Auf der Rückfahrt nach Tórshavn machte ich noch einen Abstecher auf den Sornfelli, der als Aussichtspunkt angepriesen wird. Leider hing über dem Südteil der Insel immer noch eine tiefe Wolkendecke, und so endete die Fahrt die schmalen Serpentinen hinauf recht bald in selbiger. Von Aussicht also keine Spur, jedenfalls nicht heute.

Tórshavn, Färöer, 3. bis 6. Juli 2011